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Logistik-Lösungen

Bringt die Eisenbahn neue Logistikimpulse?27.04.2014

Container nehmen den Landweg

Der Container hat sich als Transportgefäss weltweit durchgesetzt. Er kann am Fertigungsort des Gutes transportkonform beladen und beim Grossist oder Endverbraucher entladen werden, ohne dass jemand das Gut selber in die Finger nimmt. Doch wie kommt der Container vom Hersteller zum Kunden?

Robert Meier, Redaktor SLK

Der wohl wichtigste und oftmals einzig mögliche Transportweg von Kontinent zu Kontinent ist – nebst der von Gewicht und Volumen her limitierten Flugroute – der Seeweg. Dies gilt insbesondere für die Transportwege zwischen Europa und Amerika (sowohl Süd wie auch Nord) und Australien und auch Afrika. Riesige Containerschiffe nehmen deshalb heute Hunderte, ja Tausende von Containern in einer einzigen Ladung auf und bringen sie zum Zielhafen.

Den Seeweg in Frage gestellt
Sowohl der Ausgangs- als auch der Zielhafen liegen allerdings gezwungenermassen in unmittelbarer Meeresnähe, nicht aber der Produktionsort der Ware und deren Endziel. Oft ist der Transportweg zum und vom Hafen sehr lang, was für diese Transportart doch einige Fragezeichen aufwirft. Stellt der Landweg eine Alternative dar, wie dies für Transporte zwischen Asien und Europa zutrifft, werden deshalb manchmal auch andere Transportmöglichkeiten ins Auge gefasst. Der Lastwagen wird hier gerne – zwar begrenzt – für Sondertransporte eingesetzt, da diese den Transport des Gutes vom Ausgangsort zum Bestimmungsort ohne Umladen ermöglichen. Wie sieht es aber mit der Eisenbahn aus?

Die transsibirische Route – eine Alternative?
Wenn jemand noch heute von einer Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn erzählt, kommen sofort abenteuerliche Gefühle auf. Ein Insidertipp wies jedoch darauf hin, dass auf dieser Bahnlinie – zumindest versuchsweise – in Zusammenarbeit mit einem schweizerischen LKW-Transportunternehmen auch Containerverkehr abgewickelt werde.
Tatsächlich ist die ganze Bahnstrecke von Moskau nach Wladiwostok elektrifiziert. Und wer erwartet, auf dieser Strecke gelegentlich einmal einem Gegenzug zu begegnen, wird schnell eines besseren belehrt: Fast endlose Güterzüge folgen sich in einer Taktrate, die auf einen sehr intensiven Güteraustausch auf dem Schienenweg hinweisen.

Chengdu liegt nicht am Meer
In China wird das Eisenbahnnetz mit einem gewaltigen Aufwand ausgebaut. Es sei nur daran erinnert, wie China die Eisenbahnlinie nach Lhassa, der Hauptstadt von Tibet, realisierte und dabei Aufgaben zu lösen hatte, die sich noch nie für eine Eisenbahnlinie stellten.
Sehr weit vom nächsten Meerhafen entfernt liegt auch die aufstrebende chinesische Industriemetropole Chengdu, in welcher sich jedoch etliche internationale IT-Konzerne mit Produktionsstätten angesiedelt haben. Chengdu ist bahntechnisch bereits mit anderen wichtigen chinesischen Metropolen wie zum Beispiel Shanghai verbunden – ein Netz, das noch ausgebaut wird. Der weite und damit zeitaufwendige Transportweg bis zum nächsten Meereshafen wurde zwar als Hindernis aufgenommen, gab aber auch den Anstoss zu einem Denk- und Entwicklungsprozess.

9827 km per Bahn
Schon seit ewiger Zeit werden Güter auf dem Landweg von China nach Europa und umgekehrt transportiert. Ein legendäres Beispiel ist die Seidenstrasse. Da Chengdu eisenbahntechnisch bereits gut erschlossen war, wagte sich ein chinesisch-polnisches Unternehmen an ein kühnes Projekt: die chinesische Stadt Chengdu auf dem Schienenweg mit der polnischen Stadt Lodz mittels Containerzügen über eine Distanz von 9827 km zu verbinden. Das Unternehmen, die YHF-Logistics, begründet diese Wahl mit dem Umstand, dass Lodz – über Moskau von Asien her ebenfalls eisenbahntechnisch gut erschlossen – ziemlich zentral in Europa liegt und von dort aus die Verteilung von Containern per Bahn oder Lkws relativ einfach und mit einem geringen Zeitaufwand verbunden ist.

Von 45 auf 12 Tage
Die unterschiedliche Spurweite der chinesischen und der russischen Staatsbahnen macht allerdings ein Umladen notwendig. Dazu baute die Gesellschaft in Alashankou, einer Grenzstadt zwischen China und Kasachstan, einen speziellen Umladebahnhof mit Hallen, welche die Züge aufnehmen können. «So wird das Umladen der Container unabhängig vom Wetter», erklärt YHF. Ein Taktfahrplan stellt die Regelmässigkeit der Züge sicher.
Laut der Betreibergesellschaft muss bei einem Seetransport mit einem Zeitaufwand von rund 45 Tagen von Hafen zu Hafen gerechnet werden. Die Güterkonvois mit ihren 41 Wagen überwinden diese Strecke laut Fahrplan inklusive Umlad in nur 12 bis 14 Tagen.
Nicht nur der Zeitgewinn wird dabei beträchtlich, auch die Pünktlichkeit der Züge und damit der Güter wird gewährleistet.

Alles eine Kostenfrage?
Laut YHF sind die Kosten für den Containertransport per Bahn höher einzusetzen als per Schiff, allerdings wird dabei der Weg vom Werk zum Hafen nicht berücksichtigt. Auch meldet der Betreiber, dass seine Umschlagkosten im Terminal Lodz lediglich rund ein Drittel bis die Hälfte der Umschlagkosten im Hafen von Amsterdam ausmachen.
Kein Wunder, dass sich nebst weltbekannten Industrieunternehmen auch namhafte Speditionsfirmen für diesen Transportweg interessieren. Geht hier eine neue, interessante Transportachse auf?

Quellen: Persönliche Nachforschungen
Internetquellen (yhf-logistics.com/news.php)
Schier endlose Containerzüge durchqueren das Land – hier auf der transsibirischen Route.
Die Güterzuglokomotiven, hier eine doppelte Doppelkomposition, der russischen Staatsbahnen erinnern an die leistungsstarken Gelenklokomotiven der BLS.
Kühne Brückenbauten in China zeugen vom Aufschwung der Eisenbahnlinien in diesem Land.
Die Gleisanlagen scheinen ins Unendliche zu reichen.Für Züge auf nichtelektrifizierten Linien ausserhalb Russlands kommen dieselelektrische Lokomotiven zum Einsatz.


Schier endlose Containerzüge durchqueren das Land – hier auf der transsibirischen Route.


Für Züge auf nichtelektri­fizierten Linien ausserhalb Russlands kommen dieselelektrische Lokomotiven zum Einsatz.


Kühne Brückenbauten in China zeugen vom Aufschwung der Eisenbahnlinien in diesem Land.


Die Gleisanlagen scheinen ins Unendliche zu reichen.


Die Güterzuglokomotiven, hier eine doppelte Doppelkomposition, der russischen Staatsbahnen erinnern an die leistungsstarken Gelenklokomotiven der BLS.